Unsere Forderungen zur Landtagswahl 2026
Vorbemerkungen
Mittelstand im besten Sinne
Die Freien Berufe sind ein Stützpfeiler unserer Gesellschaft. Sie sind Mittelstand im besten Sinne des Wortes.
Sie stehen für über zehn Prozent der baden-württembergischen Wirtschaftsleistung. 178.000 Freiberuflerinnen und Freiberufler haben den Sprung in die berufliche Selbstständigkeit gewagt und übernehmen Verantwortung für sich und ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
Mit ihren oftmals kleinteiligen und dezentral gelegenen Praxen, Büros und Kanzleien und den insgesamt 780.000 Beschäftigten sind die Freien Berufe elementarer Bestandteil der Daseinsvorsorge in kleinen Schwarzwalddörfern oder der Schwäbischen Alb ebenso wie in den Ballungszentren und Großstädten Baden-Württembergs.
Die Freien Berufe stützen die duale Berufsausbildung und bieten jungen Menschen Perspektiven. Mit insgesamt fast 30.000 Auszubildenden sind die Freien Berufe der drittgrößte Ausbildungsbereich in Baden-Württemberg. Überdurchschnittlich hoch ist der Anteil von ausländischen Auszubildenden, womit die Freien Berufe einen besonderen Integrationsbeitrag leisten.
Vertrauensvolle Partner
Die Bedeutung der Freien Berufe für unsere Gesellschaft bemisst sich aber nicht allein an wirtschaftlichen Kennzahlen.
(Zahn-, Tier-) Ärztinnen und Ärzte, Apothekerinnen und Apotheker, Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte, Architektinnen und Architekten, Ingenieurinnen und Ingenieure, Notarinnen und Notare, Steuerberaterinnen und Steuerberater, Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten und die vielen anderen Berufsgruppen – die Freien Berufe in ihrer ganzen Breite erbringen Dienstleistungen, die für die Gesellschaft von herausgehobener Bedeutung sind. Der Allgemeinheit kann nicht gleichgültig sein, ob und wie diese Dienstleistungen erbracht werden: Eine umfassende (zahn-, tier-) medizinische Versorgung, effektiver Rechtsschutz und eine verlässliche und nachhaltige Infrastruktur bilden die Eckpfeiler einer funktionierenden und modernen Gesellschaft.
Die Freien Berufe sind ein wichtiger gesellschaftspolitischer Stabilitätsanker. In einer freiheitlichen Gesellschaft ermöglichen sie die Teilhabe aller Bürgerinnen und Bürger auf Augenhöhe mit dem Staat und treten in elementaren Lebenssituationen und Rechtsfragen als Partner an die Seite ihrer Patienten, Mandanten und Kunden. Gerade in ländlichen und strukturschwachen Regionen erweisen sich die Freien Berufe zudem als Stabilitätsanker der Daseinsvorsorge und des gesellschaftlichen Zusammenhalts.

178.000
selbstständige Freiberuflerinnen und Freiberufler
780.000
Erwerbstätige insgesamt in den Freien Berufen in BW
30.000
Auszubildende und damit drittgrößter Ausbildungsbereich
23%
unserer Azubis haben keinen deutschen Pass - der höchste Anteil unter allen Ausbildungsbereichen
78 Mrd.
Euro Jahresumsatz in den Praxen, Büros und Kanzleien der Freien Berufe
10%
des Südwest-BIP werden von den Freiberuflerinnen und Freiberuflern erwirtschaftet
Leistungen der Freien Berufe anerkennen

Unsere Forderungen
Systematisch berücksichtigen
Die Freien Berufe sind ein Stützpfeiler unserer Gesellschaft und Wirtschaft. Entsprechend ihrer Bedeutung müssen die Freien Berufe bei allen landespolitischen Vorhaben gleichberechtigt mitgedacht und berücksichtigt werden.
Bericht zur Lage der Freien Berufe vorlegen
Die Landesregierung legt dem Landtag einen Bericht zur Lage der Freien Berufe in Baden-Württemberg vor, der insbesondere ihren Beitrag für das Gemeinwohl, ihren gesellschaftlichen Stellenwert, ihre Bedeutung in Krisensituationen, sowie ihren Anteil zum Gelingen der wirtschaftlichen und ökologischen Transformation zum Gegenstand hat.
Selbstverwaltung und Subsidiarität stärken
Unsere Forderungen
Handlungs- und Gestaltungsspielräume erhalten
Das System der freiberuflichen Selbstverwaltung hat sich bewährt - für die Bürger, den Staat und die Freien Berufe. Die freiberufliche Selbstverwaltung benötigt jedoch ausreichende Handlungs- und Gestaltungsspielräume, um die gesetzlichen Aufgaben im Sinne des Gemeinwohls mit hoher fachlicher Kompetenz eigenverantwortlich erfüllen zu können.
Kompetenzen ausbauen
Wo möglich, sollten darüber hinaus weitere Kompetenzen von der staatlichen Ebene auf die bewährten Strukturen der freiberuflichen Selbstverwaltung übertragen werden.
Netz der freiberuflichen Selbstverwaltung erweitern
Wo von den einzelnen Berufsangehörigen gewünscht, sollten die Bestrebungen zur Einrichtung einer berufsständischen Vertretung unter Beachtung ordnungspolitischer Prinzipien unterstützt werden.
Berufstitelschutz für Restauratoren
Nur wenn die besondere Bedeutung der Kulturgüter und die Notwendigkeit ihrer Erhaltung und Pflege im Bewusstsein der Gesellschaft verankert sind, kann die Arbeit der Restauratoren erfolgreich sein. Die Berufsbezeichnung „Restaurator“ sollte deshalb gesetzlich geschützt werden, wie dies in den Bundesländern Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt bereits der Fall ist. Nur so können Missbräuche mit zum Teil bedenklichen Folgen für das kulturelle Erbe verhindert werden.

Bürokratieabbau auf allen Ebenen ernst nehmen

Unsere Forderungen
Länderkammer aktiv nutzen
Baden-Württemberg nutzt seine starke wirtschaftliche und politische Stellung im föderalen Gefüge und treibt den Bürokratieabbau auf Bundesebene über den Bundesrat aktiv an.
Praxistauglichkeitstests und Fachexpertise von Beginn an
Bürokratische Belastungen ergeben sich oftmals durch eine praxisferne Ausgestaltung gesetzlicher Regelungen. Bereits während der Erarbeitung eines Gesetzentwurfs sollten regelhaft Praxistauglichkeitstest durchgeführt werden – und zwar in einem integrativen Prozess gemeinsam mit den Adressaten des Gesetzes, den beteiligten Ressorts und Expertinnen und Experten insbesondere in den betroffenen freiberuflichen Kammern und Verbänden. Die Verwaltungsvorschrift der Landesregierung und der Ministerien zur Erarbeitung von Regelungen (VwV Regelungen) wird entsprechend verschärft.
Effektiver und effizienter Verwaltungsvollzug statt Einzelfallgerechtigkeit
Einzelfalllösungen und das Streben nach Einzelfallgerechtigkeit verursachen nicht nur hohe Verwaltungskosten, sondern führen auch zu gesamtgesellschaftlichen Konflikten und teils erhebliche Verzögerungen, ohne jedoch tatsächlich gerechtere Ergebnisse hervorzubringen. Möglichkeiten wie Pauschalierungen, Stichtagsregelungen, Genehmigungsfiktionen, Präklusionsregelungen und Bagatellvorbehalte sind deshalb stärker zu nutzen als bisher.
Zeit nehmen
Die vorgesehenen Regelfristen für Stellungnahmen im Gesetzgebungsverfahren sind einzuhalten. Ausnahmen müssen Ausnahmen bleiben. Nur in den seltensten Fällen sind Vorhaben zeitkritisch.
Evaluation und Befristungen
Regelungen sind nach einer festgelegten Frist regelhaft wissenschaftlich zu evaluieren und sollten grundsätzlich befristet werden.
Fachkräfte und Talente von morgen fördern
Unsere Forderungen
Vereinbarkeit von Familie und Beruf verbessern
Der Fachkräftemangel ist eine der zentralen Herausforderungen für die deutsche Wirtschaft. Ein erhebliches Arbeitskräftepotenzial bleibt aufgrund nicht bedarfsgerechter Betreuungsangebote ungenutzt. Ländern und Kommunen kommt hier eine große Verantwortung zu, qualitativ hochwertige Betreuungsangebote (insbesondere durch Kindertagesstätten und Ganztagsschulen) an allen Werktagen auch in Randzeiten zu ermöglichen.
Berufsschulen stärken
Der Wohlstand unseres Landes, die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft und die regionale Daseinsvorsorge hängen maßgeblich von der beruflichen Bildung und der Qualifizierung exzellenter Fachkräfte ab. Der duale Partner Berufsschule braucht eine moderne Ausstattung, eine verlässliche Infrastruktur und qualifizierte Lehrkräfte. Ein flächendeckendes und attraktives Schulangebot muss auch für Ausbildungsberufe mit vergleichsweise geringen Schülerzahlen aufrechterhalten werden.
Berufsorientierung praxisnah ausbauen
Die Vielfalt der dualen Ausbildungsberufe und die Karrierewege der beruflichen Bildung müssen an allen Schulen, insbesondere auch in der gymnasialen Oberstufe, verpflichtend im Rahmen der Berufsorientierung vorgestellt werden. Die zuständigen Kammern und Verbände der Freien Berufe bieten sich als verlässliche Partner an und sind bei konkreten Maßnahmen im Handlungsfeld „Arbeitswelt“ zu unterstützen.
Gesundheitskompetenz als Querschnittsthema in den Lehrplan integrieren
Die demografische Entwicklung bringt neben einer erhöhten Lebenserwartung auch ein erhöhtes Maß an Krankheitsrisiken und Behandlungsbedarf mit sich. Gesundheitskompetenz ist eine bisher nur unzureichend genutzte Stellschraube, um das Gesundheitssystem langfristig deutlich zu entlasten. Das Land sollte es als Querschnittsthema in den Lehrplan integrieren.
Schulgeldfreiheit
An vielen Schulen in freier Trägerschaft in Baden-Württemberg wird nach wie vor ein Schulgeld erhoben. Die Attraktivität der betroffenen Ausbildungsberufe (Physiotherapie, Logopädie, Ergotherapie) und des Ausbildungsstandorts Baden-Württemberg leiden dadurch massiv. Die Schulgeldfreiheit muss zügig umgesetzt werden.
